Nach diesem launigen Einstieg kommen wir aber schnell zum eigentlichen Grund unseres Besuchs: Die Ausstellung „erste hilfe – first aid“, die vom 18.Juni bis 25. September 2022 im Hugenottenhaus die documenta fifteen begleitet.
Wie kam es zu der Idee von erste hilfe? Das Projekt, das war den beiden klar, sollte zum documenta-Jahr „15“ heißen. Da hagelte es bereits Kritik aus dem documenta-Forum, deren Vorstandsmitglied Lutz Freyer war. Als ob man ein alleiniges Recht auf die Zahl „15“ in Anspruch nehmen könnte. Silvia stand gerade am Herd und Lutz durchstöberte das Web nach Konnotationen zu „15“, um die Wogen zu glätten, und stieß auf „first aid“. Ein Lächeln von Silvia, und das Motto der Ausstellung war geboren, in dem Ernsthaftigkeit und Humor mitschwingen, und schnell kamen Dutzende von Assoziationen und Ideen: Das Hugenottenhaus in seinem täglichen Kampf ums Überleben braucht erste Hilfe, das Weltklima, Geflüchtete, die Stadtpolitik und ganz aktuell die Ukraine. Aber auch abseits des Globalen kann jeder Einzelne bei seinem individuellem Problemfeld erste Hilfe zur Bewältigung von Schwierigkeiten gebrauchen.
Da dieses Ausstellungsprojekt (das betont Silvia Freyer: „Wir machen Ausstellungsprojekte und keine Ausstellungen!“) bereits das vierte im Hugenottenhaus ist, für welches das Kuratorenteam und Liebespaar sich verantwortlich zeigt, haben die beiden ein großes Netzwerk und sich einen excellenten Ruf erarbeitet. An Zusagen von hochkarätigen Künstlerinnen und Künstlern mangelt es wieder nicht. Diese vertrauen den Beiden im Hinblick auf die Konzeption – persönliche Eitelkeiten bleiben außen vor. Neidvoll dürften die Kuratoren der großen Institutionen auf Silvia und Lutz blicken: Frei und unabhängig zu arbeiten und die Möglichkeit der Entfaltung und Verwirklichung von Ideen und Wünschen umzusetzen, ist unter dem Institutionenkorsett so nicht möglich.