M.G.: Ich empfinde es als sehr traurig, dass hier in Deutschland in den Medien kaum über den Krieg im Sudan berichtet wird. Es gibt viele Leute, die gar nicht wissen, was dort zurzeit passiert. Das tut weh. Ich habe hier viele Freunde,aber ich fühle mich manchmal ziemlich alleingelassen, weil sie meine Angst, die Sorgen um das Leben meiner Familienangehörigen und die Zukunft meines Landes nicht verstehen können. Und es passieren dort so viele schlimme Sachen: seit Beginn der Kämpfe hat es bereits zahlreiche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegeben, die Gewalt eskaliert, Vergewaltigung und andere Formen sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Mädchen sind weit verbreitet, es gibt täglich unglaublich viele Tote, die Menschen leben in Angst und verhungern, Millionen Menschen wurden in die Flucht getrieben...
Die Revolution im Sudan im Jahr 2019 symbolisierte eine vielversprechende Wende für die Demokratiebewegungen in Afrika und im arabischen Raum. Nach monatelangen Protesten war der Langzeitdiktator Omar al-Baschir gestürzt und eine Übergangsregierung aus Zivilisten und Militärs gebildet worden, wobei die Rolle der Frauen, freie Medien und Gewerkschaften gestärkt wurden. Jedoch dauerte diese Frieden nur kurz und die Spannungen führten im April 2023 zu dem bewaffneten Konflikt und jetzt kämpfen die Armee unter General Burhan und den RSF-Milizen unter Muhammad Hamdan (“Hemedti”) Dagalo um die Macht im Sudan.
Die Menschen hofften nach der Revolution auf eine besseren Zukunft, aber nach so vielen Jahren Diktatur gibt es leider keinen Zauberstab, der die Demokratie schnell erschaffen kann. Die Politiker sind schwach, die Institutionen unglaubwürdig und Religion wird politisch missbraucht. Meiner Meinung nach wäre eine strikte Trennung von Politik und Religion wichtig.
Die Menschen hier in Deutschland sprechen von einem Bürgerkrieg, aber der Konflikt wird international gesteuert: die Islamisten schicken Menschen aus ganz anderen Ländern um für den Islam zu kämpfen; Russlands Wagner-Söldner mischen im Sudan mit; um nach seiner Unabhängigkeit 1956 den Sudan an den Westen zu binden, haben die USA und auch Deutschland damals viele Waffen geliefert und liefern immer noch. Viele Länder haben Interessen an Sudans Bodenschätzen.
Die Menschen wissen viel zu wenig über die Geschichte des Sudan und seine Kultur. Im Sudan gibt es mehr als 200 viel ältere Pyramiden als in Ägypten, in Ägypten stehen nur halb so viele, aber die Menschen kennen nur die Geschichte Ägyptens. In Sudan entstand eine der ersten Zivilisationen der Menschheit, viel früher als in Ägypten; das alte Nubien ist die Wiege der Geschichte und die nubische Hochkultur war eine bedeutende Brücke zwischen Afrika und der Mittelmeerwelt.