Malerische Reflexionen

Johann Rosenboom

Ver­nis­sa­ge vom 28.10.22 — d:gallery

Ich betrach­te jeden Mor­gen beim Früh­stück ein Bild von Johann Rosen­boom, das in mei­ner Küche hängt, ein Still­le­ben mit Toma­ten, ein Werk vol­ler Aus­drucks­rei­fe.
Still­le­ben haben im Lau­fe der Zeit eine sehr inter­es­san­te Rol­le in der Kunst­ge­schich­te gespielt, nicht nur wegen ihrer Symbolik.“Mir gefällt die­se Kom­bi­na­ti­on: Stil­le und Leben. „Natu­ra mor­ta“ heißt das Gen­re im Ita­lie­ni­schen, tote Natur. Was selt­sam ist: In der einen Spra­che wird das Leben betont, in der ande­ren der Tod.“ In Johann’ Bil­dern wird das aber ver­eint, Leben und Tod, die Bil­der zei­gen nicht sel­ten den Moment, der bei­des ent­hält: ein Tisch, starr, aber bei­na­he schon nicht mehr, denn das Licht spiel mit ihm aus dem vol­len Leben, Ver­gnü­gen und Melan­cho­lie, Hei­ter­keit und Strenge.

So sehe ich immer, auch im Win­ter, „mei­ne Toma­te“, die Früch­te und das Licht des Südens. Man erkennt die Pracht und die schö­nen, male­ri­schen For­men und Far­ben der Toma­ten und weiß doch schon um das Ver­ge­hen, man betrach­tet die Frucht und ahnt ihr Ende (viel­leicht auch in einem Salat). Es ist ein­fach alles drin in dem Moment, den der Maler gezeigt hat, das Leben und der Tod. Die­se Pro­duk­te der Natur sind mit der Son­ne gereift und ihre Ent­wick­lung war spon­tan und gedul­dig. Die­se Rea­li­tä­ten brau­chen sich nichts auf­zu­drän­gen und sie bean­spru­chen nichts, sie las­sen sich gedul­dig in der Son­ne reifen. 

In den Still­le­ben sind die Kör­per ein­sam und still, aber in der Lage, zu spre­chen und gleich­zei­tig Ruhe zu ver­mit­teln. Und wir als Zuschau­er sind bewegt vor die­sen eksta­ti­schen Rea­li­tä­ten. Wir suchen in den Lini­en jene voll­kom­me­ne Har­mo­nie des Seins. So wie beim Johanns Land­schaf­ten bei Griz­z­a­na Moran­di, in Ita­li­en, wo der Künst­ler teil­wei­se lebt, auch das The­ma des Still­le­bens kann den Betrach­ter von heu­te eben­so befrie­di­gen wie in der Ver­gan­gen­heit, weil es im Wesent­li­chen in der Authen­ti­zi­tät eines inti­men Gefühls geht: das Leben, unschöp­fe­ri­sche Quel­le des Stau­ens, liegt in einer Ruhe jen­seits der Raum-Zeit-Kategorien.

Johanns Wer­ke sind Schät­ze mit war­men Far­ben, voll­stän­di­gen und son­ni­gen Rea­li­tä­ten. Sie leben ruhig in ihrem inti­men, war­men und per­fek­ten Zen­trum. Es ist schwer zu ver­ste­hen, wie es ihm so leicht fällt, die Schön­heit der Natur zur Gel­tung zu brin­gen, das mensch­li­che Auge magne­tisch anzu­zie­hen und es in die Wirk­lich­keit eines Traums zu trans­por­tie­ren. Im rea­len Raum ent­ste­hen For­men, bana­le Rea­li­tä­ten, die plötz­lich Emo­tio­nen wecken und mitreißen.

Ich fin­de die Wer­ke von Johann Rosen­boom äußerst fas­zi­nie­rend und beson­ders. Ihre Beson­der­heit wird durch eine Kom­po­si­ti­on ver­lie­hen, die in den For­men und Far­ben stets gut stu­diert und kali­briert ist. Als ich die­sen Künst­ler zum ers­ten Mal ken­nen­lern­te, war ich sofort fas­zi­niert und fand in sei­ner Wer­ken eine kla­re Ele­ganz, oft ein­fach, aber inno­va­tiv durch sei­ne Fähig­keit, das Bild zu set­zen und neu zu den­ken. Der Künst­ler kom­po­niert ein Ensem­ble, wo alles aus­ge­wo­gen und mit For­men abge­stimmt ist. Und die Kom­po­si­ti­on bringt die Har­mo­nie der Far­ben her­vor, die zwi­schen Gelb, Erd­far­ben, sanf­tem Ocker-Gold und die blau­en Tönen des ita­lie­ni­schen Licht wech­seln. Die Land­schaft wird zum Aus­gangs­punkt, um das Jen­seits zu erfas­sen und das Licht zu betrach­ten, den ein­fa­chen Schein zu überwinden.

Und wie ges­tern Abend Johann erzähl­te „Das Inter­es­san­tes an der Male­rei ist die Male­rei“: Es ist die­ses authen­ti­sche Gespür für die For­men, die Lini­en und die Far­ben, ihre ver­bor­ge­ne Sei­te, zwi­schen nahen und fer­nen Orten und Still­le­ben, wo Licht und Far­be zum Vor­schein kom­men, die die Aus­stel­lung aus­zeich­net und uns so gefan­gen nimmt.


[ Son­ja Rossetini ]

Kon­takt

Johann Rosen­boom

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