Interview
mit
Lutz Freyer
zur
Ausstellung “Bernsteinzimmer”
W.K.K.: Wie kam es zur Idee die neue Ausstellung unter den Titel Bernsteinzimmer zu stellen?
L.F.: Die Idee für das Bernsteinzimmer ist unmittelbar nach der Ausstellung „first aid“ entstanden. In einem Café in Hamburg ging es im Gespräch um die Kunstzone und das sie jetzt und vielleicht noch im nächsten Jahr noch da ist aber dann leider verschwinden wird, weil dort eine Tiefgarage gebaut werden soll. Da habe ich zu Silvia gesagt: „Wir haben doch unser Bernsteinzimmer mit dem Hugenottenhaus/ Perlebar/ Kunstzone schon gefunden“. Es war dieses merkwürdige Gefühl: etwas ist da und eigentlich auch schon weg. Silvia hat dann spontan gesagt: „Das ist das neue Projekt: die Suche nach dem Bernsteinzimmer!“
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W.K.K.: Als die Idee geboren war, was waren dann die ersten Schritte?
L.F.: Die ersten Schritte danach war das Überprüfen der Idee: wir haben Maren und Corin davon erzählt und sie fanden die Idee spannend, dann haben wir Pascal gefragt, der sehr eng mit Silvia und mir an den Konzepten arbeitet. Bei einem Rücktransport der Gregor Schneider Arbeit haben Silvia, Pascal und ich die Idee dann weiter präzisiert und Gregor Schneider fand es auch eine wunderbare Idee. „Die Suche nach!“ ist im nachhinein weggefallen, ab da war nur noch vom Bernsteinzimmer die Rede, denn da merkten wir wie das doch wieder anschließt: „Freie Zimmer“, „Bewegte Zimmer“, „Doppelzimmer“ und nun „Bernsteinzimmer“!
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W.K.K.: Welche künstlerischen Merkmale/Aspekte machen die Bernsteinzimmer- Ausstellung so interessant bzw. zu einem bedeutenden Kunstwerk?
L.F.: Die Ausstellung ist so spannend weil sie im Hugenottenhaus stattfindet, zum Teil auch für die Räume entwickelt wurde und mit den speziellen Raumgegebenheiten spielt. Es wird so zu einem Gesamtkunstwerk mit diversen Antworten auf der Suche nach dem Bernsteinzimmer.
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W.K.K.: Entwickelt ihr das Konzept allein oder sucht ihr dafür den Kontakt zu Kollegen oder im Kollektiv?
L.F.: Wir entwickeln so ein Konzept mit den Künstlern zusammen. Das Besondere ist doch, dass wir als Künstler kuratieren und als Künstler mit Künstlern arbeiten: die Verantwortung fürs Gelingen liegt am Ende beim gesamten Hugenottenhausteam!
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W.K.K.: Wie ist die Ausstellung aufgebaut?
L.F.: Die Ausstellung ist diesmal in Zonen eingeteilt: das bezieht sich zunächst auf die Kunstzone. Wir mochten auch den scharfen Klang von dem Wort „Zone“, es scheint erst einmal abzuschneiden.
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W.K.K.: Welche Rolle spielen die Räumlichkeiten?
L.F.: Es gibt die Zone Kassel, Zone Düsseldorf, Zone Berlin, Zone Wien und ein Raum Kunstzone.
Wir wollten, dass die Künstler im Erarbeiten ihrer Zonen größtmögliche Freiheit haben. Unser kuratorischer, organisatorischer Aufwand war allerdings doch deutlich größer als gedacht
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W.K.K.: Es werden viele Künstler*Innen und zahlreiche Exponate gezeigt. Wie lange hat es gedauert, die Schau auf die Beine zu stellen?
L.F.: Wir arbeiten an der Ausstellung seit einem Jahr, seit einem Jahr kommunizieren wir mit den Künstlergruppen der Zonen. Gut ist, dass wir die meisten schon kannten, einige neue sind aber auch dabei!
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W.K.K.: Wie hat die Geschichte des Bernsteinzimmers seine Bedeutung in der Kunst beeinflusst?
L.F.: Die Geschichte des Bernsteinzimmers sollte jeder kennen aber das historische daran hat uns weniger interessiert: eher was es macht, was es bedeutet, wie es sich anfühlt, schmeckt…
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W.K.K.: Inwiefern hat die Suche nach dem Bernsteinzimmer die Künstler*Innen, die im Hugenottenhaus ausstellen, beeinflusst?
L.F.: Der Titel hat alle sofort inspiriert und infiziert. Da waren sehr lebendige Situationen und Gespräche. Ein Künstler heißt ja auch so: Thomas Bernstein!
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W.K.K.: Welche Bedeutung hat das Bernsteinzimmer für die heutige Kunstwelt und wie wird es weiterhin geschätzt?
L.F.: Bislang haben nur wenig Künstler das Thema aufgegriffen: Ingeborg Lüscher hat mal aus vielen Seifen ein wunderbares Bernsteinzimmer nachgebaut!
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W.K.K.: Warum hat das Bernsteinzimmer eine so große Faszination auf Menschen aus aller Welt?
L.F.: Die Faszination kommt durch das Vakuum, das das Bernsteinzimmer herstellt: es ist weg und man kann da fast ungehindert phantasieren und projizieren. Das ist vielleicht das Wichtigste. Dabei ist es ein Merkmal der Zeit selbst: dauernd ist sie in jedem Moment da und schon weg, das meine ich jetzt gerade überhaupt nicht linear sondern essenziell!
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W.K.K.: Welche spezifischen Aspekte der Ausstellung sind darauf ausgerichtet, eine gemeinschaftliche und kollaborative Atmosphäre zu schaffen?
L.F.: Fadi Aljabour, der eine Performance beisteuern wird, hat den gemeinsamen Klang der Ausstellung aufgefasst und wertgeschätzt, sicher spielen dabei die Räume des Hugenottenhauses eine Rolle: jeder davon ist sowieso ein Bernsteinzimmer!
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W.K.K.: Wie wird die Ausstellung die Zusammenarbeit zwischen Künstlern fördern und ihre Fähigkeit verbessern, voneinander zu lernen? Welche langfristigen Auswirkungen wird die Ausstellung auf die Kunstgemeinschaft haben und wie wird sie dazu beitragen, dass Künstler zukünftig noch besser zusammenarbeiten können?
L.F.: Zusammenarbeiten lernt man im Zusammenarbeiten: wir lernen, dass wir einzeln allein verschieden sind und können uns entscheiden, an etwas Kollektivem gemeinschaftlich mitzuwirken. Dabei bringen wir aber jeweils eine Einzigartigkeit mit und jede und jeder von uns gibt es nur einmal. Wir sind auch jeweils kleine Bernsteinzimmer! Unsere Gemeinschaft wächst weiter wie ein Garten, weil wir uns dafür entschieden haben und die besondere Qualität darin spüren.
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[ Das Interview führte: Sonja Rossettini ]
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Bernsteinzimmer: 7. Juli bis 17. September 2023
Die Ausstellung wird vom 7. Juli 2023 bis 17. September 2023 jeweils Freitag bis Sonntag von 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr geöffnet sein.
Sonntags sind Begleitungen durch die Ausstellung um 16.00 Uhr geplant.
Hugenottenhaus
Friedrichsstr. 25 | 34117 Kassel
Fon: 0561 88 20 98 5 | E‑Mail: freyer.kunst@web.de
www.hugenottenhaus.com
Öffnungszeiten:
Donnerstag bis Sonntag von 14:00 bis 19:00 Uhr