Cranach

Bild und Botschaft

21. August bis 29. Novem­ber 2015 |  Muse­um Schloss Wilhelmshöhe

Eine gran­dio­se Aus­stel­lung in Kas­sel ver­or­tet
den Renais­sance-Maler Lukas Cra­nach zwi­schen Hof und Reformation.

Natür­lich ste­hen die phä­no­me­na­len Gemäl­de Lucas Cra­nachs d. Ä. (1472–1553) und sei­nes Sohns Lucas d. J. im Mit­tel­punkt der groß­ar­ti­gen Aus­stel­lung „Bild und Bot­schaft“ im Muse­um Schloss Wil­helms­hö­he in Kas­sel. Aber auch Dru­cke, Flug­blät­ter, Medail­len, Wap­pen und Kar­ten geben einen anschau­li­chen Ein­druck der kon­flikt­rei­chen Epo­che der Refor­ma­ti­on. Die Expo­na­te bele­gen, wie Kunst zu den poli­ti­schen Umbrü­chen bei­getra­gen, ja sie gera­de­zu befeu­ert hat.

Kura­tor Jus­tus Lan­ge, Lei­ter der Gemäl­de­ga­le­rie Alte Meis­ter, hat die in Koope­ra­ti­on mit der Stif­tung Schloss Frie­den­stein zuvor in Gotha prä­sen­tier­te Aus­stel­lung klug in acht Kapi­tel unter­teilt. Die schwie­ri­ge, schlauch­ar­ti­ge Son­der­aus­stel­lungs­flä­che ist geschickt ein­ge­rich­tet. Jeder Abschnitt bie­tet Ent­de­ckun­gen — kei­ne Abbil­dung macht die Fas­zi­na­ti­on der Ori­gi­na­le im Min­des­ten nach­voll­zieh­bar. Die Schau in Stichworten.

Die Schau in Stichworten

Repräsentation

Cra­nach war zual­ler­erst über 40 Jah­re Hof­ma­ler der säch­si­schen Kur­fürs­ten, deren Ruhm er meh­ren und deren Resi­den­zen er aus­stat­ten soll­te. Sei­ne Bil­der dien­ten als Geschen­ke an befreun­de­te wie ver­fein­de­te Regen­ten. Das gran­dio­se Gemäl­de einer Hof­jagd vor Schloss Har­ten­fels in Tor­gau (1544) aus Madrid, spek­ta­ku­lärs­te Leih­ga­be, war eine sol­che diplo­ma­ti­sche Ges­te. Es zeigt über­aus detail­reich eine illus­tre Jagd­ge­sell­schaft um Johann Fried­rich den Groß­mü­ti­gen und Kai­ser Karl V. — die im Kon­fes­si­ons­krieg jedoch ver­fein­det waren. 

Die­se Jagd hat so nie statt­ge­fun­den“, sagt Volon­tä­rin Julia Car­ras­co. Das Bild war der Ver­such, eine Ein­tracht dar­zu­stel­len, die nicht bestand. Ver­geb­lich: Als die Pro­tes­tan­ten 1547 in der Schlacht bei Mühl­berg dem kai­ser­li­chen Heer unter­la­gen, wur­de Johann Fried­rich gede­mü­tigt, gefan­gen gehal­ten, er ver­lor Tei­le sei­nes Ter­ri­to­ri­ums und die Kurwürde.

Propaganda

Cra­nach hat der Refor­ma­ti­on ein Gesicht gege­ben, sagt MHK-Direk­tor Bernd Küs­ter, „ohne ihn kön­nen wir uns die Refor­ma­ti­on nicht vor­stel­len.“ Der Maler hat sich in ihren Dienst gestellt, heu­te wür­de man sagen: Er hat Mar­tin Luthers Image kre­iert, eine Mar­ke geschaf­fen. Der Medi­en­krieg war wenig zim­per­lich, in Schmäh­schrif­ten und Spott­bil­dern gab es dif­fa­mie­ren­de, dras­ti­sche Angrif­fe. Da rei­tet Chris­tus in Jeru­sa­lem ein und der Papst in die Höl­le. Umge­kehrt macht Luther gemein­sa­me Sache mit dem Teufel.

Botschaften

Die Cra­nach-Werk­statt schuf schnell, in hoher Stück­zahl trans­por­ta­ble Por­träts der Refor­ma­to­ren und zudem Lehr­ge­mäl­de, lang­le­bi­ge, wir­kungs­vol­le Moti­ve, mit denen Cra­nach Par­tei ergriff: Chris­tus und die Ehe­bre­che­rin, die Kin­der­seg­nung, Judith mit dem Haupt des Holo­fer­nes als Inbe­griff beharr­li­chen Glau­bens. „Gesetz und Gnade“-Fassungen aus Gotha und Prag hän­gen erst­mals neben­ein­an­der. Luthers Recht­fer­ti­gungs­leh­re und ihre Ver­brei­tung erläu­tert eine Medienstation.

Kursachsen und Hessen

Unter deren Füh­rung schlos­sen sich im Schmal­kal­di­schen Bund (1531) pro­tes­tan­ti­sche Fürs­ten und Städ­te zusam­men. Die Schau zieht Lini­en nach Kas­sel, erzählt von der „Erb­ver­brü­de­rung“ bei­der Häu­ser, von der erfolg­rei­chen Bela­ge­rung Wol­fen­büt­tels 1542, aber auch von der Nie­der­la­ge 1547, nach der Johann Fried­rich und Phil­ipp der Groß­mü­ti­ge unge­bro­chen waren: Bei­de wur­den zumin­dest als stand­haft-pro­tes­tan­ti­sche Regen­ten porträtiert.

Nacktheit

Nicht zuletzt dien­ten Cra­nachs Gemäl­de der Unter­hal­tung am Hof. Ein belieb­tes The­ma, so Lan­ge: „Wei­ber­macht. Män­ner stür­zen durch die sinn­li­che Macht der Frau­en in den Unter­gang.“ Akt­dar­stel­lun­gen in bibli­schen oder mytho­lo­gi­schen Moti­ven muss­ten aller­dings durch mora­li­sche Bot­schaf­ten legi­ti­miert wer­den. Der erho­be­ne Zei­ge­fin­ger wur­de durch die sinn­lich-pro­vo­kan­te Ver­lo­ckung gleich­zei­tig kon­ter­ka­riert, erläu­tert Car­ras­co: eine für Cra­nach cha­rak­te­ris­ti­sche Ambivalenz.


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