Irmi Aumeier
Eine Malerei voller Kraft und Emotionen
Welt.Kunst.Kassel. hat die Künstlerin Irmi Aumeier in ihrem Atelier besucht. Wir freuen uns, dass wir etwas mehr über die Künstlerin erfahren durften und nehmen euch mit zum Gespräch über ihre Arbeit.
Ein Nachmittag im Atelier von Irmi Aumeier
Wir hatten das große Vergnügen, einen Nachmittag bei der Künstlerin Irmi Aumeier zu verbringen. Wir sind seit Jahren große Fans ihrer intensiven und leidenschaftlichen Malerei und waren deshalb aufgeregt, als sie uns einlud, ihr Atelier zu besuchen. Ein Besuch in einem Atelier ist immer ein Erlebnis, um so mehr wenn man eine Künstlerin wie Irmi Aumeier besucht.
Irmi Aumeier ist eine der Künstler*Innen, die ein Atelier in der ehemaligen Jute Fabrik in Rothenditmold, ein beeindruckendes Beispiel industrieller Architektur, bespielt, im Roten Turm sogar, ein faszinierendes Gebäude.
Als wir ankamen, führte uns Irmi in ihr schönes Atelier. Das Atelier war voller Farben, Pinsel, Leinwände und Farbtuben: ein Ort, der das Herz eines jeden Kunstliebhabers höherschlagen lässt. Es herrschte eine entspannte und kreative Atmosphäre und es duftete nach Rosenseife.
Irmi begrüßte uns herzlich, begann uns ihre Werke zu präsentieren und nahm sich Zeit für jede Frage, die wir hatten und um über ihre Arbeit zu sprechen. Ihre Augen funkelten vor Begeisterung, als sie von ihren Projekten erzählte und man konnte spüren, wie sehr sie ihre Arbeit liebt.
Irmi Aumeier studierte Graphikdesign an der Hochschule für Bildende Künste in Kassel. An der Europäischen Kunstakademie Trier vervollständigte sie ihr Studium in freier Malerei.
Sie arbeitet fast immer in Serien, die dasselbe Thema, Format und Rahmen haben, am liebsten mit Ölfarben, in die nasse Farbe hinein. „Wenn ich eine Idee habe, male ich einfach los, wie wahnsinnig, weil dann so viel kommt… In der Regel ist es aber so, dass nach 10 oder 15 Arbeiten, eine Serie fertig ist. Danach habe ich schon wieder neue Ideen.“
„Ölmalerei ist für mich der Genuss schlechthin. Ich lernte eine Galeristin in Venedig kennen, die mich fragte, ob ich mit Öl arbeite. Dieses Kriterium war wichtig für sie, um in ihrer Galerie vertreten zu sein. Das war für mich der Auslöser, mich mit der Ölmalerei zu beschäftigen. Es ist ein so wunderbares Material, weil man direkt hineinarbeiten kann und weil durch dieses Spiel so viel entsteht.“ Irmi ist nämlich nicht nur eine ausgezeichnete Malerin, sondern auch eine überragende Zeichnerin: „Ich liebe das Zeichnen. Die Farben waren mir durch mein Elternhaus gegeben. Meine Eltern waren sehr begabt. Das Zeichnen musste ich mir allein beibringen, aber ich hatte sehr gute Lehrer. Matisse hat mich sehr inspiriert, weil auch er Malerei und Zeichnung kombinierte.“
“Es war ein langer, nicht immer leichter Weg, meine eigene künstlerische Handschrift zu entwickeln, und meinen Traum zu verwirklichen, als freischaffende Künstlerin zu arbeiten und mich selbstständig zu machen.”
Zu den charakteristischen Merkmalen von Irmis Kunst gehören die Reduzierung der Bildgegenstände auf Grundformen und die Darstellung in fein abgestimmten, nuancierten Farben, die oft in vielschichtigen Flächen aufgetragen werden. Dabei kommt es nicht auf die Erscheinungsfarbe, sondern auf die Ausdrucksfarbe an und die Schönheit der Farben wird durch starke Kontraste (hell-dunkel, warm-kalt, leuchtend-getrübt, komplementär) gesteigert.
Zu Irmis Kunst zählen zum einen ein freier Umgang mit Formen und Farben, wodurch die traditionelle Form gänzlich aufgelöst wird. Somit zeigt ihre Stilrichtung den endgültigen Abschied von der Abbildfunktion der Malerei und ebnet den Weg zur Abstraktion. Damit kopiert sie die Bildgegenstände nicht mehr, sondern macht sie zu Mitteln für ihre Gefühle und Ansichten.
Zum anderen drückt die Künstlerin ihre subjektiven Gefühle mit den Werken aus. Hinter ihren Gemälden steckt viel Feingefühl und interessante Gedanken: Sie will das Innere des Menschen, das Wesen der Dinge erfassen. Sie macht damit die Gemälde zu ihren Medien, um Seelenzustände wie Freude, Schmerz oder auch konkrete Erlebnisse so authentisch und so direkt wie möglich auszudrücken. Sie sagt „Ich mag nicht so viele Worte, sondern die Bilder sprechen für sich“.
„Viele meine Bilder, wie die politischen, die ich vor einigen Jahren gemalt habe, sind gar nicht bekannt.“
Wir haben uns lange über Motivation und Inspiration in ihrem kreativen Prozess unterhalten. Uns faszinierte besonders ihr Blick auf die Emotionen hinter ihrem kreativen Schaffen.
“Ich brauche Verbindungen: das ist der Grund warum ich male.”
Irmis Ansatz zur Kunst ist einer der Aspekte, die ihre Werke so unvergleichlich machen. Jede Zeichnung oder jedes Gemälde drückt eine beispiellose Einzigartigkeit aus. Irmis Arbeiten zeichnen sich durch tiefgreifende Energien aus und ihre unkonventionelle Art ist faszinierend.
Irmi ist seit vielen Jahren Buddhistin und bietet auch Meditation und Yoga- Kurse an. „Indien ist mein Land, wenn ich da bin, geht es mir gut, fühle ich mich geerdet. Es kommt durch meine Spiritualität. Das Wort Dzogchen bedeutet „vollkommen wach in diesem einen Augenblick zu sein“: darauf kommt alles an. Dass wir diesen Moment in uns erfahren können, diesen göttlichen Augenblick, denn Leben findet nur in diesem einen Augenblick statt, alles andere ist Vergangenheit oder Zukunft. Wenn ich das nicht erfahren hätte, hätte ich nie die Malerei weiter entwickeln können.“
Parzival hätte eigentlich fragen sollen „Mein König was fehlt dir?“, weil das die Frage des Mitgefühls ist. In dem Moment, wenn du fähig bist, dein Mitgefühl in die Welt zu bringen, kann dir nichts mehr passieren. Man muss viel ertragen, erleiden und erdulden, bis man an diese Essenz kommst:
“Der größte Schatz ist die Zufriedenheit,
der größte Schutz ist die Geduld,
der größte Freund ist die Großzügigkeit,
die größte Zierde ist die Tugend,
das größte Übel sind die Sorgen,
und der größte Feind ist die Wut.”
Serie “PLAYING WITH HAPPINESS AND COLOURS”
Wir haben in Irmis Atelier eine wunderbare Zeit voller Inspiration und Ermutigung erfahren.
Ihr Studio ist ein Ort voller Kreativität und nach diesem inspirierenden Tag sehen wir Irmi Aumeier und ihre Arbeit in einem völlig neuen Licht.
Die Besuche bei einer Künstlerin wie Irmi sind etwas ganz Besonderes für Kunstliebhaber – es ist ein Weg, um zu verstehen, wie sehr die kreative Kraft einen Menschen prägt. Ihre Hingabe zur Kunst hat uns tief beeindruckt.
Wir verließen Irmis Atelier mit einer neuen, noch höheren Wertschätzung für ihre Arbeit. Dies ist etwas was uns die Künstlerin wieder ins Bewusstsein gebracht hat: Kunst entsteht aus Leidenschaft und Mühe; sie ist ein wahres Geschenk!
Interview
W.K.K.: Liebe Irmi, magst du Dich vielleicht einmal kurz vorstellen?
I.A.: Ich bin in Würzburg geboren und nach einigen Umwegen lebe ich seit 2004 in Kassel, wo ich mich gut vernetzt habe und mit Freude hier bin.
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W.K.K.: Deine subjektive und emotionale Ausdrucksfähigkeit steht im Mittelpunkt Deiner fast expressionistischen Kunstwerke. Die Bildmotive werden auf markante Formelemente reduziert, die Kompositionen flächenhaft gehalten und die traditionelle Perspektive aufgelöst. Wie würdest du Deine Kunst beschreiben?
I.A.: Im weitesten Sinn würde ich meine Werke als abstrahierte Landschaften beschreiben.
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W.K.K.: Deine Arbeiten sind sehr farbenfroh – woher kommt das?
I.A.: Ein längerer Aufenthalt in Indien hat meine Farbpalette revolutioniert und mich das Wagnis eingehen lassen, kräftigere Farben zu verwenden.
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W.K.K.: Du bedienst Dich der unterschiedlichsten Techniken, wie Acryl- und Ölmalerei oder Tuschezeichnung. Wie baust Du Deine Arbeiten auf? Womit malst Du am liebsten oder welche Materialien benutzt Du vorwiegend?
I.A.: Meine Bilder entstehen zum großen Teil in einer inneren Vorstellung, der eine Impression von meinen Reisen, eine dort gefertigte Zeichnung oder ein Foto zugrunde liegt. Das Bild entsteht in einem ersten Entwurf, den ich mit freien, gestischen Elementen kombiniere. Der Prozess des Schauens, Gestaltens, erstreckt sich über viele Tage, oft auch Wochen und manchmal Jahre. So erreiche ich die Dichtheit und Konzentration meiner Gemälde Seit vielen Jahren arbeite ich fast ausschließlich in Öl, in Verbindung mit Bleistift und Tusche.
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W.K.K.: Du lässt Dich von Deiner inneren Gefühlswelt, aber auch von den äußeren Lebenswelten und Kulturen inspirieren. Visuell sind deine Bilder auch von Reisen nach Indien, China, Tibet, Nordamerika, Nordafrika und europäischen Ländern beeinflusst. Wie hast Du deine Formen- und Zeichensprache entwickelt?
I.A.: Meine Formen- und Zeichensprache habe ich über viele Jahrzehnte entwickelt, verfeinert und subtiler werden lassen, immer auch geprägt von der von mir so geliebten Grafik. Auch die Elemente der Grafik wurden im Laufe der Zeit immer freier, bewegter, verspielter…
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W.K.K.: Du bevorzugst Landschaftsbilder. Was bedeutet Natur für Dich?
I.A.: Natur ist der größte Künstler, unerschöpflich die Strukturen und Muster, die eine Grundlage meiner freien Malerei sind. In der Natur drückt sich das Göttliche durch Schönheit und Harmonie aus, das was ich in meinen Bildern ausdrücken möchte. Natur ist für mich immer der Raum in dem meine Seele zu sich findet, sich beruhigt und einfühlen kann, mit allem was ist, den göttlichen Augenblick genießend.
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W.K.K.: Die Formen und Farbenpracht Deiner Bilder üben eine große Anziehungskraft und Inspiration auf den Betrachter aus. Was bekommst Du für Reaktionen auf die Bilder?
I.A.: Die Menschen, die mit meinen Bildern Leben, sind glücklich über die gute Energie die sie ausstrahlen. Meine Bilder transformieren einen Raum. Oft höre ich, dass sie zu mir sagen: Immer, wenn ich dein Bild anschaue, freue ich mich; wunderschön…
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W.K.K.: Was ist für Dich in Deiner Kunst sehr wichtig?
I.A.: In meiner Kunst ist mir wichtig, dass ich nie stehen bleibe, dass ich immer in Verbindung mit dem bin, was gerade ist, dass eine Resonanz mit dem Betrachter entsteht.
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W.K.K.: Vielen Dank, liebe Irmi, für den ausführlichen Einblick in Deine Arbeiten und Deine Arbeitsweise!
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[ Das Interview führten: Sonja Rossettini + Helmut Plate ]
Vita
1950 In Würzburg geboren
1968–1972 Studium Grafik-Design, Hochschule für Bildende Künste in Kassel
1973 Graphikerin in München
Seit 1973 Reisen in Europa, Amerika, Asien, Afrika
1983–2004 Freischaffende Künstlerin in Würzburg
1996–2002 Studium Freie Malerei/Zeichnung, Europäische Kunstakademie, Trier
Seit 1987 zahlreiche Gruppen- und Einzelausstellungen in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Weitere Lehrer in diesen Jahren: Norman Jankins (USA), Mallorca Ausbildung in freier Malerei bei Joe Allen (London)
Seit 1998 Beteiligung an diversen Kunstaktionen
Seit 2000 Mitglied des Berufsverbandes Bildender Künstler (BBK)
Seit 2004 Lebt und arbeitet in Kassel
Werke befinden sich in öffentlichen und privaten Sammlungen, z.B.:
Neue Pinakothek München, Stadtwerke Würzburg, Versorgungsamt Würzburg,
Landkreis Kassel und in privaten Sammlungen In England, Irland, Schweiz,
Frankreich, USA, Deutschland und Spanien.