Geschichten aus Nigeria 

Der Storyteller Olayanyu Dada in der Galerie Dynamique

Am 25. März war die Vernissage „Engungun visualisierte Ahnen Besessenheit“ des nigerianischen Künstlers
Olayanyu Dada in der Galerie Dynamique im Kasseler Westen.

In der impo­san­ten Vil­la, im Neo-Renais­sance-Stil 1890 erbaut, ver­mu­tet man auf den ers­ten Blick kei­ne Kunst­ga­le­rie. Es wirkt wie ein mon­dä­nes Pri­vat­haus, wäre da nicht das vio­let­te Ban­ner, das vom Bal­kon des ers­ten Stocks bis zum Erd­ge­schoss fällt. „Dyna­mi­que Salon Gale­rie“ steht dort in wei­ßen Let­tern und man wird erin­nert an das Museé Dyna­mi­que, wel­ches 1966 in Dakar zum „Fes­ti­val of Negro Arts“ ein­ge­weiht wur­de. Ein Stück Afri­ka im Vor­de­ren Westen?

Nach dem Klin­geln wird die Tür geöff­net und im ers­ten Stock tum­meln sich schon eine Hand­voll Men­schen. Sofort wird man von der Far­ben­pracht der Wer­ke Dadas gefan­gen genom­men. In der ehe­ma­li­gen Woh­nung wirkt vie­les noch ein wenig impro­vi­siert, die Bil­der zie­hen einen aber sofort in den Bann. Wie fla­che Mas­ken hän­gen und lie­gen die Wer­ke in den Zim­mern, Kol­la­gen aus unter­schied­lichs­ten Mate­ria­li­en: Bil­der, die Geschich­ten erzählen.

Trotz sei­ner Zurück­hal­tung und Beschei­den­heit domi­niert Dada schon allein durch sei­ne Grö­ße die Ver­an­stal­tung. Der 1969 gebo­re­ne Künst­ler wuchs in Nige­ria und Indi­en auf, schloss 1994 sein Kunst­stu­di­um ab und arbei­te­te als Leh­rer und frei­schaf­fen­der Künst­ler in Gambia.

Nach Aus­stel­lun­gen in Nige­ria und Lon­don schloss er sein Mas­ter-Stu­di­um an der Leeds Metro­po­li­tan Uni­ver­si­ty in Lon­don ab. 2002 enga­gier­te er sich im Hor­ni­man Muse­um in Lon­don als Geschich­ten­er­zäh­ler über afri­ka­ni­sche Objek­te und ent­deck­te, dass jedes Mate­ri­al eine eige­ne Essenz hat und ver­schie­de­ne Mate­ria­li­en mit­ein­an­der kor­re­spon­die­ren. Für Dada ist das Ent­schei­den­de, dass das Mate­ri­al zu sei­nen sozio­po­li­ti­schen The­men der afri­ka­ni­schen Gesell­schaft qua­si ihn aus­sucht, um sei­ne Gedan­ken und Inten­tio­nen dem Betrach­ter zu ver­mit­teln. Er lässt sich dabei von der Lite­ra­tur und Musik inspi­rie­ren. Fela Kuti, der gro­ße nige­ria­ni­sche Musi­ker und Begrün­der des Afro­beats, spielt für sei­ne The­men­fin­dung eine gro­ße Rol­le, und der 1993 mit dem Boo­ker-Pri­ze aus­ge­zeich­ne­te Schrift­stel­ler Ben Okri hat ihn wesent­lich beeinflusst.

Experimentelle Objektkollagen

Dada kom­bi­niert in sei­nen „expe­ri­men­tel­len Objekt­kol­la­gen“, wie er es nennt, tra­di­tio­nel­le deko­ra­ti­ve Tech­ni­ken und Moti­ve, um Bedeu­tung zu schaf­fen. Ein Sto­rytel­ler, der in jedem Werk dem Betrach­ter Geschich­ten aus Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart Afri­kas erzählt. Dar­aus ent­steht visu­el­le Poe­sie. Wir ent­de­cken Rät­sel über ende­mi­sche gesell­schaft­li­che Span­nun­gen, die Poe­tik der Objek­te zieht einen hin­ein in die Bil­der­wel­ten des Nige­ria­ners. Dabei benutzt er ver­schie­dens­te Hül­sen­früch­te, Nägel und sogar ein Tee­sieb wird in die Kol­la­gen eingebaut.

Die Mas­ke­ra­de des Seins, in unter­schied­lichs­ten Situa­tio­nen Mas­ken auf- und wie­der abset­zen, the­ma­ti­siert Dada mit einer ein­drück­li­chen Bild­spra­che und Kom­po­si­ti­on. „Wir alle machen täg­lich Kunst“, die Ant­wort auf Zaki Al-Mar­bo­rens ein­lei­ten­de Fra­ge, war­um er Kunst mache, zeigt, dass die künst­le­ri­sche Krea­ti­vi­tät von Dada in sei­nem All­tag ver­an­kert ist.

Geköpfte Ideen

In dem Bild „Rat Hun­ter“ sehen wir Mei­nun­gen kom­men und gehen, so auch die von Rat­ten. „Manch­mal wird eine geköpf­te Idee wie­der zum Ver­zehr frei­ge­ge­ben, und jeder begrüßt sie, auch wenn sie leb­los ist“.

Er sagt selbst über sich, dass sei­ne Kunst viel­leicht die Welt um ihn her­um wider­spie­ge­le, mit der Auf­merk­sam­keit eines Bil­der­buchs, wel­ches über das tat­säch­li­che Ende in der Rea­li­tät hin­aus­ge­he. Die­se Hori­zont­er­wei­te­rung, die die Kunst von Ola­yanyu Dada dem Betrach­ter ermög­licht, die­ses Kre­ieren von Fra­gen, wor­auf es kaum Ant­wor­ten gibt, ist das eigent­lich Beson­de­re an sei­nen Werken.

[ Ger­rit Bräu­ti­gam | Redaktion ]

Dyna­mi­que. Gale­rie Salon
Regi­na­stra­ße 12 | 34119 Kassel

Ali­ce-Frie­de­ri­ke Müller | Gale­rie Mana­ge­rin
Fon: 004915122946364
E‑mail: kontakt@dynamique-galeriesalon.de und Alice.f.mueller@me.com

Zaki Al-Mabo­ren | Kura­tor
Fon: 00491751644241
E‑mail: z.maboren@gmail.com

www.dynamique-galeriesalon.de