Die Zukunft der Kunst
Darauf mussten die Studierenden lange warten:
Es ist endlich wieder Rundgang!
Nachdem es dank Corona zwei Jahre nicht möglich war, dem Publikum und Mit-Kommiliton:innen Werke aus allen Studiengängen und Projekten zu zeigen, eröffnete ein sichtlich erleichterter Dr. Martin Schmidl, der Rektor der Kunsthochschule Kassel, den diesjährigen Rundgang. Bei schönsten Wetter betonte Schmidl, wie wichtig die Interaktion zwischen den Studierenden für den kreativen Prozess, aber auch für die soziale Entwicklung sei.
Dr. Martin Schmidl bei der Eröffnungsrede
Die Ateliers, Werkstätten und Seminarräume verwandeln sich in diesen drei Tagen in Ausstellungsflächen. Hier können Arbeiten der letzten zwei Semester betrachtet werden, Schaffungsprozesse aus den unterschiedlichsten Disziplinen werden sichtbar gemacht.
Das dürfte auch diejenigen interessieren, die mit einem Studium an diesem malerischen Ort liebäugeln: Es finden sich reichlich Möglichkeiten, sich mit Lehrenden und Studierenden in den zahlreichen Veranstaltungen auszutauschen. Man trifft viele Studierenden und kann sich persönlich über ihre Arbeiten unterhalten.
Künstler: Lukas Wächtler
Als erstes fällt einem allerdings eine Arbeit auf, die an dem Gebäude installiert wurde: Ist das der lange Arm der Kunsthochschule? Es sind zwei riesige Hände zu sehen, die verbunden mit einer Art langem Tau sich an dem kompletten Mensagebäude entlang hangelt. Die Arbeit heißt „Soft Tools“ und ist von Lukas Wächtler. In Handarbeit wurden 15 Teile mit je 5 Metern wochenlang zusammengenäht und dann an dem Gebäude befestigt. Auch im letzten Hof neben dem Südflügel der KHK finden sich Teile dieser Arbeit wieder, das Tau „betritt“ hier die Räume. Wächtler fasziniert es, bestehende Werkzeuge und Alltagsgeräte in einer Weise zu transformieren, dass sie zwar noch wie das Original aussehen, aber nicht mehr ihrem Zwecke nach zu benutzen sind. Andere Methoden und Experimente des Nutzens entstehen.
Künstlerinnen: Franziska Brunn | Julia Born
Die Arbeiten überraschen mit erstaunlich professionellen Ansätzen und ausgereiften Konzepten. Im Bereich der Designer:innen zum Beispiel beschäftigt sich eine Arbeit mit Fischhäuten. „Worthless“ von Franziska Brunn und Julia Born zeigen, wie aus einem Abfallprodukt wertvolles Material geschaffen werden kann. Hierzu wurden Fischabfälle aus der Gastronomie und Markthalle Kassels verarbeitet. Trotz der wertvollen Eigenschaften von Fischhäuten landen die 6,4 Millionen Tonnen, die jährlich anfallen, ungenutzt im Abfall. Dabei lassen sich Fischhäute wie jede andere Haut gerben und zu Leder verarbeiten. Es ist sehr leicht, durch seine Struktur aber extrem zugfest. Sogar aus den Fischschuppen haben die beiden Künstlerinnen filigransten Schmuck hergestellt. Übrigens riecht das Fischleder im Gegensatz zu den stinkenden Fischresten neutral, lediglich hat es, wie andere Leder auch, einen leichten Eigengeruch, der an eine Prise Seeluft erinnert.
Reza Afisina von ruangrupa und Mounira Al Solh, Professur für Performance, Installation und Medien
In dem Symposium „Brüche und Linien – Gespräche über Herkünfte“ (15.–16. Juli) kommen Personen aus Kunst, Kultur, Aktivismus und Wissenschaft zusammen, um über soziale Positionen, Herkünfte und Ausschlüsse zu sprechen. Eingeladene Gäste sind: Senthuran Varatharajah, BENGI e. V., Barış Yüksel, Talya Feldman, Danijel Matijevic, David Zabel, Romy Rüegger, Andrea Brummack, Pia Stendera und Lin Hierse.
Vielseitig, überraschend und auf absolutem Topniveau sind die Arbeiten der Studentinnen und Studenten. Über die Zukunft der Kunst muss man sich keine Sorgen machen.
Impressionen
aus den Ateliers und Werkstätten:
[ Gerrit Bräutigam | Redaktion ]