„Uns war von Beginn an klar, dass wir bei zwei künstlerischen und einer kuratorischen Position auf einer gewissen Weise das Dreikörperproblem haben“, setzt Milen Krastev fort. „Wer schon von diesen alten und sehr schwierigen mathematischen Problemen gehört hat, weiß, mit gewöhnlichen Mitteln ist das kaum zu lösen. Es war daher von Anfang an die Frage wie wir die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede verstehen und ausarbeiten. Dazu gibt es keine fertige Formel. Wir haben immer wieder unterschiedliche Konstellationen kreiert, sie beobachtet, korrigiert, ausprobiert. So wie Nathalie Mohadjer und Lukas Meir in ihrer Kunst die richtige Dosis zwischen Anziehung und Abstand zum Thema finden, haben wir auch nach der richtigen Nähe und Entfernung der zwei Positionen in der Ausstellung, nach den Lagrange Punkte, gesucht.
Der Einfluss dieses Lagrange-Prinzip setzt sich auch in der Präsentation der Arbeiten fort. Wir wollten ein Dialog, ein Diskurs erzielen. Das geht natürlich nicht wenn die zwei Positionen getrennt auf Wänden oder Räumen gezeigt werden, das wäre dann nur ein nebeneinander. Wir wollten, dass die Geschichten die erzählt werden ineinandergreifen. Dafür mussten wir sehr sensibel und sinnvoll kuratieren. Es galt also die Werke miteinander sprechen zu lassen ohne die einzelnen Positionen zu verfälschen. Dazu müssen jede Zusammensetzung oder Gegenüberstellung, Positionierung sowie alle Blickachsen in der Ausstellung mit Bedacht gewählt werden.“
„Lagrange-Punkte sind Orte im Weltraum, an denen die Gravitationskräfte eines Mehrkörpersystems, wie z.B. der Sonne und der Erde, sich gegenseitig aufheben.“ möchte Milen Krastev die Botschaft, die der Titel der Ausstellung mit sich bringt, erklären. „Durch den Ausgleich der Anziehungskraft können diese auch als Punkte der relativen Ruhe betrachtet werden. Sich dort zu befinden gibt uns die Möglichkeit die Welt um uns herum „neutral“ zu beobachten, ohne direkt Teil einer Umlaufbahn zu sein. In Bezug auf die Ausstellung wirkt sich das auf mehreren Ebenen aus. Zum einen haben wir künstlerische Positionen wo diese sensible Balance Teil des Arbeitsprozesses ist. Der gleiche Effekt hat das Prinzip auch auf den kuratorischen Einsatz und findet sich schlussendlich in der räumlichen Präsentation wieder. Ganz allgemein ist das natürlich auch ein sehr menschliches Phänomen, denn mit jedem Schritt den wir machen, verschieben wir unseren und den Raum anderer. Wir sind immer auf der Suche nach der richtigen Nähe oder Abstand, wir leben in der Auswirkung des Lagrange Effekts.“