Mit diesen sanften Berührungen prominenter, lokalgeschichtlich signifikanter Punkte erhellt die Lichtskulptur zugleich die Geschichte der documenta. Denn vom Fridericianum (dem Stammhaus seit 1955) führen die Leuchtspuren zu weiteren Standorten der Weltkunstausstellung: zur Orangerie (von 1959 bis 1987 zunächst als Ruine, dann als wiedererstandene Barock-Architektur zur Kunstpräsentation genutzt), über die Karlswiese (dem traditionellen Schauplatz ortspezifischer Installationen im öffentlichen Raum), zum Herkules, dem immer wieder anvisierten, bis heute jedoch unerreichten Ziel der ausgreifenden Planungsutopien Arnold Bodes.
2007 wurde mit Hilfe des documenta forum e.V. die „Laserscape Kassel“ technisch grunderneuert. Das heutige Linienschema des Laser-Kunstwerks ist gegenüber dem ursprünglichen partiell modifiziert – unter anderem durch einen dreifingrigen Fächer, der vom Orangerie-Dach die Parkachsen nachzeichnet.
Eine von Horst H. Baumann geplante Erweiterung des Konzepts durch die „Gauß-Triangulation“ würde die innerstädtische Konfiguration an den Rest der Welt anbinden: Zwischen 1818 und 1828 hatte der Geodät Carl Friedrich Gauß eine großräumige Landvermessung des Königreichs Hannover anhand von 2.600 trigonometrischen Punkten unternommen, die auch das Dreieck Brocken-Hoher Hagen-Inselsberg einbezog. Würde nun der 68 km lange Schenkel Brocken-Hoher Hagen mittels eines Laserstahls verlängert, träfe er – so die Entdeckung des Lichtkünstlers – die Herkules-Figur von ihrer Rückseite.
Von Harald Kimpel