Arnold-Bode-Preis 2021 geht an INSTAR – Tania Bruguera
„Das Kollektiv INSTAR um die Künstlerin Tania Bruguera setzt sich mit künstlerischen und diskursiven Mitteln für demokratische Transformationsprozesse ein. Der Bode-Preis würdigt in seiner Tradition herausragende und langfristig relevante Werke und Leistungen. Das Engagement für gerechtes und rechtssicheres Miteinander ist einer der relevantesten (Kunst)Diskurse unserer Zeit,“ so Völker. Das Preisgeld wird in diesem Jahr zu gleichen Teilen von der Kasseler Sparkasse und der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen finanziert. Wann und in welcher Form die Preisverleihung stattfindet, wird in Abhängigkeit vom Verlauf der Pandemie zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.
Die Mitglieder von INSTAR leben und arbeiten in Havanna, wie auch Tania Bruguera, die zudem in New York zuhause ist. Prof. Heiner Georgsdorf, Vorsitzender des Kuratoriums der Arnold-Bode-Stiftung, hält fest: „Die Preisvergabe signalisiert zum einen, dass die nächste documenta in verstärktem Maße von künstlerischen Kollektiven ausgerichtet werden wird. Zum anderen wird mit der 1968 geborenen Tania Bruguera eine Künstlerin ausgezeichnet, die als politisch engagierte Installations- und Performancekünstlerin weltweit bekannt ist.“
2002 hinterließ Tania Brugueras düsterer documenta-Raum mit der akustischen Simulation eines Erschießungskommandos einen unauslöschlichen Eindruck. Ihre interaktive Londoner Installation in der Turbinenhalle der Tate Modern (2018/19) „presste die Migrationskrise in die Köpfe und Körper der Besucher“ (The Guardian), ein Beispiel für die von der Künstlerin postulierte „forced empathy“ – erzwungene Empathie.
Ihre „Arte Útil“, ihre nützliche Kunst, soll aber nicht nur gesellschaftliche Missstände und politischen Machtmissbrauch unmittelbar erfahrbar machen, sondern auch Wege zu Veränderung aufzeigen. Nach dem Tod Fidel Castros 2016 engagierte sich Bruguera in Aktionen und Projekten, die Kuba auf „friedliche und besonnene Weise“ (Bruguera) aus dem Totalitarismus herausführen sollten. Die Hoffnung auf einen Kubanischen Frühling erfüllte sich nicht. Im Gegenteil: Tania Bruguera musste wiederholt ins Gefängnis und wurde und wird immer wieder unter Hausarrest gestellt. Doch Ihr Engagement ist ungebrochen.
Um den „Aufbau einer Demokratie in Kuba“ (Bruguera) durch künstlerische Aktivitäten zu intensivieren und auf eine breitere Basis zu stellen, hat sie 2015 mit einer Gruppe von Gleichgesinnten – Kunst (Art) und Aktivismus verbal verbindend – das „Hannah Arendt Institut für Artivismus“ (INSTAR) gegründet. Hannah Arendts „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ ist gleichsam Manifest und Handbuch der Gruppe, deren Kern zurzeit aus neun Mitgliedern besteht. Das Institut soll, laut INSTAR, als „demokratischer und hierarchiefreier Raum, der Forderung nach sozialer Gerechtigkeit und Rechtstaatlichkeit, in Kuba etwas nicht allzu Bekanntes, Nachdruck verleihen.“
Das Kollektiv verfolgt auf unterschiedlichen Aktionsebenen und mit unterschiedlichen Mitteln und Medien ein vielfältiges Programm. Hauptziel ist, in Zusammenarbeit mit „alltäglichen“ Menschen „eine gemeinsame Sprache für Meinungsfreiheit und soziale Verantwortung zu entwickeln“, als Voraussetzung für „eine unabhängige Zivilgesellschaft“ (INSTAR).
INSTAR und Tania Bruguera werden an der nächsten documenta teilnehmen. Die mit dem Preis verbundene Anerkennung für ihre riskante Arbeit kann laut Kuratorium der Arnold-Bode-Stiftung als motivierender Impuls für die Künstlerinnen und Künstler nicht hoch genug eingeschätzt werden. Tania Bruguera zufolge ist er außerdem „a huge protection“ – ein riesiger Schutz.
Stadt Kassel; Video: Till Krüger
Stadt Kassel; Video: Till Krüger
Informationen zum Arnold-Bode-Preis unter www.kassel.de
Bild: Arnold-Bode-Preis 2021 an INSTAR – Tania Bruguera © INSTAR
Das Kollektiv von Künstlerinnen und Künstlern „Instituto de Artivismo Hannah Ahrendt“ (INSTAR) und deren Gründerin Tania Bruguera werden mit dem Arnold-Bode-Preis 2021 ausgezeichnet. Das Foto entstand während eines Workshops “Poetry Art und Civic in Kuba” mit dem Schriftsteller Rafael Almanza im April 2018.