Am Ende der Rundtour fühlten sich die Besucher*Innen um neue Eindrücke, Inspirationen und Anerkennung für das Können dieser Künstlerinnen und Künstler bereichert und waren von der Fülle an Ideen, die hier präsentiert werden, begeistert. Als Kulisse dient das Hugenottenhaus selbst, das mit seinen hölzernen Einbauten und der einzigartigen Atmosphäre, Freiraum für alle möglichen Darstellungen bietet. Hier trifft modernes künstlerisches Schaffen auf Historie.
Alle Kunstwerke sind übrigens auch zu erwerben: Interessierte können sich an die Organisation wenden.
Doch was macht diese Ausstellung so besonders? Es ist nicht nur die enorme Auswahl an Kunstwerken oder die Vielfalt an Techniken und Stilen, die hier zu sehen ist. Ob es um ästhetische Ansichten oder gesellschaftlich relevante Fragen geht – sie alle finden im Bernsteinzimmer Platz. Egal ob man als Betrachter*In das Bernsteinzimmer kennt – jede Person kann hier neue Sichtweisen kennenlernen und eigene Perspektiven schärfen. Die Kunstausstellung ist also nicht einfach nur eine weitere Kunstausstellung – es ist ein Zeichen für Offenheit und Pluralismus, welches dazu einlädt, alte Denkmuster aufzubrechen und neuen Ideen Platz zu verschaffen.
Aber vor allem ist es die Aussage, die hinter den Werken steckt: In der großartigen Ausstellung haben sich die Künstler*Innen mit dem „Bernsteinzimmer“ auseinandergesetzt und den Mythos auf verschiedenste Weise interpretiert aber die Geschichte des Bernsteinzimmers ist auch ein Plädoyer für den Erhalt historischer Kunstwerke und kultureller Schätze, wie das Hugenottenhaus selbst. Dabei sollen Denkanstöße gegeben werden.
Der Umbau des Hugenottenhauses, eines der letzten Zeugnisse hugenottischer Baukultur in der Stadt und Beispiel für bürgerliches Wohnen zu dieser Zeit, ist nun beschlossen. Schon kommendes Jahr soll mit dem Teilabriss und Neubau begonnen werden. Obwohl die Sanierungsmaßnahmen notwendig sind, gibt es zurzeit wegen der Umbaupläne Diskussionen und die gesamte Kasseler Kunstszene ist besorgt, dass das besondere Flair des Kunsthauses als „Haus mit Erfahrungsräumen für zeitgenössische Kunst” verloren gehen kann. Eine Weiterführung des Hugenottenhauses als Künstler- und Veranstaltungshaus ist wahrscheinlich aber der Geist des Hauses könnte gründlich verändert werden. Insbesonders ist man aber über den möglichen Verlust der Kunstzone besorgt, die schon im kommenden Jahr verschwinden soll, weil dort eine Tiefgarage für das nahliegende Hotel gebaut werden soll. Diese Bedenken sollten ernst genommen werden.
Letztendlich ist also genau dies der Sinn der aktuellen Ausstellung: es war für viele ein Traum, das berühmte Bernsteinzimmer zu finden und zu restaurieren, damit es der Welt wieder zugänglich gemacht werden konnte. Das Bernsteinzimmer ist ein Symbol für verlorenen und wieder gefundene Kulturschätze wie das Hugenottenhaus selbst; die Besorgnis, dass wir nicht genug tun, um unsere kulturelle Vergangenheit zu bewahren; die Wertschätzung für die Schönheit vergangener Epochen und die Erkenntnis einiger Versäumnisse im Umgang mit Kulturgütern. Nun scheint es, als ob unser Kasseler Bernsteinzimmer, ein besonderer historischer Ort für die Kunst, verloren gehen kann. Die Suche nach dem Bernsteinzimmer lehrt uns, dass wir oft zu spät erkennen, wie wichtig es ist, die Schönheit um uns herum zu schützen und zu pflegen und auch ein Stück Geschichte und Schönheit wie das Hugenottenhaus für die Zukunft zu bewahren.
Trotz der Tatsache, dass das rekonstruierte Bernsteinzimmer nach jahrelangen Arbeiten unter Beteiligung des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder in St. Petersburg offiziell wieder eröffnet wurde und den Besuchern zur Verfügung steht, bleibt das verlorene Bernsteinzimmer ein Mythos. Obwohl die Inverstoren von einer “Wiedergeburt” des Bernsteinzimmers sprachen und die Rekonstruktion Millionen Euro gekostet hat, glänzt der Nachbau nicht mit der Magie des historischen Originals. Wir hoffen, dass dem Hugenottenhaus nicht ähnliches widerfahren wird.
Vielleicht können die Pläne noch einmal überdacht und ein Kompromiss gefunden werden, mit Verantwortungsbewusstsein in Bezug auf den Schutz von Kulturgut und der Umwelt, um das Hugenottenhaus und die Kunstzone in seiner ursprünglichen Form und denkmalgerecht, aber insbesondere mit seinem außerordentlichen Flair, nach den Umbaumaßnahmen wiederherzustellen und zum Wohle der Gemeinschaft beizutragen, indem man unterstützt, die kulturelle und soziale Besonderheit des Hugenottenhauses zu bewahren.
Wir hoffen, wir konnten euch einen kleinen Vorgeschmack auf das geben, was sich euch in der „Bernsteinzimmer“-Ausstellung eröffnet. Diese einzigartige Chance solltet ihr euch, auch wegen der noch ungewissen Zukunft des Hauses, nicht entgehen lassen. Wer also derzeit in Kassel weilt, sollte unbedingt einen Abstecher ins Hugenottenhaus machen – die Ausstellung „Bernsteinzimmer“ ist auf jeden Fall eine Reise wert. Ob man nun als Kunstinteressierter oder aus reinem Interesse vorbeischaut – diese Ausstellung wird garantiert für viele unvergessliche Momente sorgen. Am besten besucht ihr diese Ausstellung ohne Zeitdruck, nehmt euch Zeit für jeden Raum und erklärt euren Freunden eure Interpretation der einzelnen Werke – es gibt genug Raum für Diskussionen!
Eine Kunstausstellung ist immer eine Reise – aber diese Ausstellung ist wie ein Flug in andere Dimensionen. Das künstlerische Leuchten der „Bernsteinzimmer“-Ausstellung und des Hugenottenhauses wird noch lange nachhallen. Vielleicht wird es sogar eine neue Kunst-Ära in Kassel begründen.