Das

Hugenottenhaus

als

Bernsteinzimmer

 
Huge­not­ten­haus | 07.07. – 17.09.2023
Frei­tag bis Sonn­tag von 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr

War­um das Bern­stein­zim­mer, ali­as Huge­not­ten­haus, mehr als nur ein Schatz ist und wie es uns lehrt, die Ver­gan­gen­heit zu schät­zen und zu erhalten.

Kunst­schrift von Yas­min Moalem | „Sieh mich!“

Vom Ver­schwin­den bis zu Wie­der­ent­de­ckung: Die fas­zi­nie­ren­de Geschich­te des Bern­stein­zim­mers und die Bedeu­tung der Erhal­tung von his­to­ri­schen Kunst­schät­zen als Bei­spiel des Kas­se­ler Hugenottenhauses.

Die Kunst­schrift von Yas­min Moalem „Sieh mich!“ emp­fängt die Besucher*Innen in der Kunst­zo­ne. Ein Hauch von Mys­tik liegt in der Luft, wenn man die Tür des his­to­ri­schen Huge­not­ten­hau­ses öff­net und sich dem Betrach­ter die Aus­stel­lung „Bern­stein­zim­mer“ öff­net. Über 50 Künst­le­rin­nen und Künst­ler, zum Teil über­re­gio­nal bekann­te Namen, haben ihre Wer­ke in den Berei­chen Male­rei, Zeich­nung, Foto­gra­fie, Film, Sound, Instal­la­ti­on und mehr arran­giert und prä­sen­tie­ren nun bis zum 17. Sep­tem­ber 2023 ihre fas­zi­nie­ren­den Arbei­ten in den unter­schied­lichs­ten Berei­chen der Kunst. Die Arbei­ten, die in der Aus­stel­lung prä­sen­tiert wer­den, sind beein­dru­ckend viel­fäl­tig und decken ein brei­tes Spek­trum an krea­ti­ven Aus­drucks­for­men ab. Zu sehen gibt es atem­be­rau­ben­de Wer­ke vol­ler Details und groß­ar­ti­ger Hand­werks­kunst. Hier tref­fen ver­schie­de­ne Stil­rich­tun­gen auf­ein­an­der und erzeu­gen zusam­men ein ganz neu­es Erleb­nis für die Sin­ne und jede Arbeit hat ihre eige­ne Geschich­te und ihre Beson­der­hei­ten.
Ins­ge­samt ist die Aus­stel­lung ein beein­dru­cken­des Gesamt­kunst­werk. Und das his­to­ri­sche Huge­not­ten­haus ist natür­lich der per­fek­te Ort für die­se fas­zi­nie­ren­de Zusam­men­stel­lung von Wer­ken aus den ver­schie­dens­ten künst­le­ri­schen Berei­chen. Es ist ein beseel­ter Ort vol­ler Geschich­te, der per­fek­te Rah­men für eine sol­che Aus­stel­lung.
Die Ver­nis­sa­ge war ein vol­ler Erfolg. Die Besucher*innen freu­ten sich über das kul­tu­rel­le High­light und die Chan­ce etwas beson­ders zu erle­ben, waren dank­bar für die­se ein­zig­ar­ti­ge Gele­gen­heit und stolz an einer sol­chen hoch­ka­rä­ti­gen Kunst­aus­stel­lung in Kas­sel teil­neh­men zu können.

Ein Schild erklärt auf der Trep­pe zur Ori­en­tie­rung, was es mit den Zonen auf sich hat. Denn, nach vier Aus­stel­lun­gen mit über­grei­fen­den The­men, woll­te das Orga­ni­sa­ti­ons­team ein neu­es Kon­zept prä­sen­tie­ren.
Die Zonen erläu­tern, woher die Künstler*innen stam­men:
K = Kas­sel, D = Düs­sel­dorf, B = Ber­lin, W =Welt

Beein­dru­ckend ist zu sehen, wie das Huge­not­ten­haus bei jeder Aus­stel­lung anders bespielt und ver­wan­delt wird, jede Aus­stel­lung sei­nen beson­de­ren Reiz und Atmo­sphä­re hat und die Zusam­men­ar­beit har­mo­nisch läuft. Der Künst­ler Jörn Budes­heim betont „Ich glau­be, wir hat­ten noch nie eine Aus­stel­lung, wo alle Teil­neh­mer so dicht am The­ma waren.“ Vie­le Arbei­ten sind auch extra für die Aus­stel­lung und im Haus ent­stan­den. Beson­ders inter­es­sant ist auch die Offen­heit der Künst­ler: Sie ste­hen ger­ne zur Ver­nis­sa­ge Rede und Ant­wort zu ihren Wer­ken und geben Ein­bli­cke in ihre Herangehensweisen.

1. Stock
ZONE K = Kassel

Schon beim ers­ten Expo­nat blei­ben die Besucher*innen lan­ge ste­hen. Das ers­te Zim­mer wur­de von Miki Lazar gestal­tet, der KI Chat GPT befragt hat, wie das Bern­stein­zim­mer im Stil eini­ger Künstler*Innen aus­ge­se­hen hät­te. Eine Aus­wahl der KI Bil­der wer­den am Fens­ter prä­sen­tiert, wei­te­re in der Arbeit auf dem Boden und im Bern­stein-ähn­li­cher Plastik.

Miki Lazar

Im zen­tra­len Raum der „Bel­le Eta­ge“ grei­fen Nils Klin­ger (beein­dru­cken­de Bil­der in selbst-auf­ge­ar­bei­te­ten Rah­men) und Caro­la Ruf (Rah­men­seg­men­ten und Gips­bor­du­ren), die das Zim­mer wie ein Salon gestal­tet haben, The­men wie Dynas­tien, Reich­tum und Macht auf.

Nils Klin­ger

Caro­la Ruf

Nils Klin­ger

Das Werk löst je nach Inter­pre­ta­ti­on bei den Betrach­tern unter­schied­li­che Emo­tio­nen aus: Ver­wun­de­rung, Fas­zi­na­ti­on oder viel­leicht auch Unbehagen?


Im zwei­ten Bel­le Eta­ge-Raum setzt Kirs­ten Uch­man das Ver­ständ­nis ihrer poe­ti­schen Wabi-Sabi (das japa­ni­sche Kon­zept der Wahr­neh­mung von Schön­heit) Scha­len mit ihrer Schön­heit des Unvoll­kom­me­nen, Ver­gäng­li­chen und Ein­fa­chen dem Ide­al des Bern­stein­zim­mers ent­ge­gen. Außer­dem prä­sen­tiert sie mit Pig­men­ten und Tape­ten­kleis­ter bemal­te Lei­nen­la­ken, die sie in Gar­ten auf­ge­hängt und wie ein Bern­stein­zim­mer auf­ge­baut hat.

Kirs­ten Uchman

Jörn Budes­heim hat sich tief mit dem The­ma Bern­stein­zim­mer aus­ein­an­der­ge­setzt und exklu­siv für die Aus­stel­lung eini­ge Zeich­nun­gen gefer­tigt (In jede Zeich­nung ist übri­gens als pro­gram­ma­ti­sches Bild ein klei­nes Bern­stein­zim­mer zu sehen).

Jörn Budes­heim

Axel Kret­schmer prä­sen­tiert die Instal­la­ti­on „Arbeits­tei­lung“, die das The­ma Macht am Bei­spiel von Schach­fi­gu­ren anspricht. Zudem ist er auf eine ganz ande­re Wei­se an das The­ma her­an­ge­gan­gen und hat eine Klang­in­stal­la­ti­on aus Fund­stü­cken, qua­si einen Kon­tra­bass, aus Baum­harz bear­bei­tet, der den schwer­mü­ti­gen Grund­ton des Bern­steins wie­der gibt, mit blit­zen­den glän­zen­den Momen­ten aus gol­de­nen Becken­scher­ben, und Weih­rauch, der verdampft.

Axel Kret­schmer

Kath­rin Brömse beschreibt die Aus­wir­kun­gen der erfun­de­nen Krank­heit „amber syn­dro­me“ auf ihren Papier­ar­bei­ten. Über den Krank­heits­ver­lauf sind der Arbeit „medi­zi­ni­sche Anwei­sun­gen“ beigefügt.

Kat­rin Brömse

Ste­phan von Bors­tel  ver­kün­det mit sei­nen Foto­gra­fien vom Ver­mes­sungs­amt, die von gepress­ten Blu­men aus der Kunst­zo­ne beglei­tet sind, „Ich weiß wo das Bern­stein­zim­mer ist“. 

Ste­phan von Borstel 

Josha Loh­ren­gel (Auto­haus-Auto­haus) und Tho­mas Rey­mann ging es dar­um, Luxus­gü­ter der Mode­welt anzuprangern. 

Josha Loh­ren­gel und Tho­mas Reymann 

Das „Wohn­zim­mer“ von Eeva Ojan­perä lädt zu einem Tele­fo­nat, um mehr Infor­ma­tio­nen über das Bern­stein­zim­mer zu erfah­ren. Ins­ge­samt drei Tele­fo­ne sind an ver­schie­de­nen Stel­len im Haus verteilt. 

Eeva Ojan­perä

Im nächs­ten Raum geht es der „Kunst­zo­nen­grup­pe“ (bestehend aus Sil­via und Lutz Frey­er, Ste­phan Hab­er­zettl, Pas­cal Heuß­ner, Yas­min Moalem, Wel­de Okbe, Ricky Weber und Karl-Heinz Härtl) um die Kunst­zo­ne und deren Wür­di­gung und die Ent­ste­hung der Idee der Bern­stein­zim­mer-Aus­stel­lung. Lutz Frey­er erklärt: „Die Kunst­zo­ne ist jetzt und viel­leicht noch im nächs­ten Jahr noch da aber sie wird dann lei­der ver­schwin­den, weil dort eine Tief­ga­ra­ge gebaut wer­den soll. Da habe ich zu Sil­via gesagt: „Unser Bern­stein­zim­mer sind eigent­lich das Huge­not­ten­haus, die Per­le Bar und die Kunst­zo­ne. Wir haben das Bern­stein­zim­mer schon gefun­den“. Sil­via Frey­er ergänzt: „Auf dem Foto sieht man die Kunst­zo­ne von oben, aber die angren­zen­den Stra­ßen sind auch vol­ler Bäu­me, weil die Kunst­zo­ne wächst, und egal was pas­sie­ren wird, wird sie uns erhal­ten blei­ben, weil sie nicht nur hier zu fin­den ist, son­dern in uns und wird sich an ande­ren Stel­len zeigen.“ 

Kunst­zo­nen­grup­pe

Zone W = Welt

Das Huge­not­ten­haus wur­de 1826 für die fran­zö­si­schen Glau­bens­flücht­lin­ge in der Ober­neu­stadt gebaut und ist das letz­te erhal­te­ne Gebäu­de im typi­schen huge­not­ti­schen Fünf­fens­ter­haus­stil. Die Fünf­fens­ter­stra­ße hat wegen der damals dort ver­brei­te­ten Bau­wei­se ihren Namen. Den­noch hat das Huge­not­ten­haus acht Fens­ter­ach­sen: Dies liegt dar­an, dass der lin­ke Teil – in dem in den 50er-Jah­ren der Bode­saal ein­ge­rich­tet wur­de und nun die Per­le ist – ursprüng­lich zum Rest des Palais des Land­gra­fen Fried­rich von Hes­sen, einer der wich­tigs­ten Schau­plät­ze hes­si­scher Geschich­te mit euro­pa­wei­ter Bedeu­tung, und eigent­lich nicht zum Huge­not­ten­haus gehört. Die­ser Teil des Gebäu­des soll nun für einen Neu­bau abge­ris­sen wer­den, wäh­rend das Huge­not­ten­haus hin­ge­gen restau­riert wer­den soll.

Die Zonen Tei­lung möch­te also auch die ver­schie­de­nen Gebäu­de und Räum­lich­kei­ten des Hau­ses beto­nen und auf die kom­men­den Umbau­maß­nah­men auf­merk­sam machen.

Man merkt in der zwei­ten Eta­ge eigent­lich im Flur nicht, wo das Huge­not­ten­haus endet. Nach fünf Fens­tern kom­men dann die wei­te­ren drei Fens­ter, die zum Rest des Palais des Land­gra­fen Fried­rich von Hes­sen gehö­ren. Die­ser Teil des Hau­ses soll abge­ris­sen wer­den. Ein wei­te­rer emo­tio­na­ler Höhe­punkt: Die Künstler*innen Jean-Fran­cois Gui­ton und Car­men und Mat­thi­as Mar­tel woll­ten hier die Räu­me so zugäng­lich machen, dass man sie „auch sehen kann, wenn man blind ist.“, also im Sin­ne, dass man sie sehen, wie­der erle­ben kann, auch wenn sie nicht mehr exis­tie­ren wer­den. Sie haben Mikro­fo­ne in den ein­zel­nen Räu­men plat­ziert und eine fes­seln­de Audio-Datei her­stellt, wo die Räu­me prä­sen­tiert wer­den. Der Ton des Sound­sys­tems koket­tiert mal sen­si­bel unter dem Gespür für Stim­mun­gen hin­weg und mal melan­cho­lisch auf den Betrach­ter wir­kend. Ein Video ergänzt die Arbeit.

2. Stock
Zone D = Düsseldorf

Es fällt schwer, sich zwi­schen all die­sen atem­be­rau­ben­den Kunst­wer­ken zu ent­schei­den – jeder Raum ist gefüllt mit Schön­heit und führt auf eine Rei­se in die eige­nen Gedankenwelt.

Die Far­be Gelb domi­niert die Räu­me in der Zone D und kre­iert span­nen­de Licht­spie­le. Dank des Abend­lichts und der Schat­ten­spie­le wur­den den Räum­lich­kei­ten im Huge­not­ten­haus eine beson­de­re Atmo­sphä­re ver­lie­hen. Die Augen der Besucher*Innen wan­dern durch die Räum­lich­kei­ten vol­ler Stau­nen über das Zusam­men­spiel der ver­schie­de­nen Mate­ria­li­en und Farben.

Im ers­ten Zim­mer sind die Fens­ter mit oran­gem Krepp­pa­pier bedeckt und die Stim­mung nimmt uns auf eine fabel­haf­te Reise.

Die Künstler*Innen Peter Josef Abels, Wal­ter Eul, Hei­ke Weber, Vera-Maria Loer­mann, Tina Haa­se und Sen­ta Con­nert haben sich im Raum 2 mit den ver­schie­de­nen Aspek­ten des Bern­stein­zim­mers auseinandergesetzt.

Auch in Raum 3 schim­mert dank der Glas­ar­beit von Chris­ti­an Andre­as Mül­ler am Fens­ter ein sanf­tes gol­de­nes Licht, das alle Wer­ke in eine mys­ti­sche Aura ein­taucht und wenn das Son­nen­licht durch die Fens­ter des Huge­not­ten­hau­ses fällt, erge­ben sich wun­der­schö­ne Farb­spek­tren auf den Wänden.

Anke Land­schrei­ber

Chris­ti­an Andre­as Müller

Ulri­ke Kessel

Die kla­re Bild­kom­po­si­ti­on einer Stein­wüs­te der Male­rin Simo­ne Let­to, die immer wie­der zu begeis­tern weiß, wirkt wie Moment­auf­nah­men aus einem Film.

Simo­ne Letto

Wäh­rend Clau­dia van Kool­wi­jk, zur­zeit schwer erkrankt, hat sich von ihrer Toch­ter bei einer minu­tiö­sen Rekon­struk­ti­on eines win­zi­gen Bern­stein­zim­mers hel­fen lassen.

Clau­dia van Koolwijk

Tho­mas Bern­stein (mit Maria-Anna Dewes, Myri­am Thyes und Julia van Kool­wi­jk in Grup­pe 2), heißt Bern­stein und hat sich des­we­gen ein­fach selbst in einer Per­for­mance ver­packt. Auch hier wur­den die Fens­ter mit in Waben gepress­tem Bie­nen­wachs bedeckt.

Tho­mas Bernstein

Marc von Crie­gern, Ubbo Küg­ler, Myri­am Resch und Bert Didil­lon (Grup­pe 5) haben eine der spek­ta­ku­lä­ren Instal­la­tio­nen in der Aus­stel­lung und mit ihren sehr unter­schied­li­chen Arbei­ten einen atmo­sphä­ri­schen dich­ten Raum im Huge­not­ten­haus geschaffen. 

 Julia van Koolwijk

Zone B = Berlin

In der Zone B insze­nie­ren Clau­dia Schma­cke die Bern­stein Quel­le , Syl­via Seel­mann eine eige­ne Inter­pre­ta­ti­on Bern­stein-Inklu­sen und EVA & ADELE ihre Bern­stein Juwelen.

Clau­dia Schmacke

Syl­via Seelmann

Der docu­men­ta Künst­ler Fadi Alja­bour hat eine bemer­kens­wer­te Per­for­mance insze­niert, die im Film von Ste­phan Hab­er­zettl die Zuschau­er in ihren Bann zieht, und Klaus-Uwe Seel­mann bie­tet mit „Tre­asu­re Insi­de“ eine Holz­trans­port­kis­te mit über­ra­schen­dem Inhalt.

Klaus-Uwe Seel­mann

Klaus-Uwe Seel­mann

Klaus-Uwe Seel­mann

Am Ende der Rund­tour fühl­ten sich die Besucher*Innen um neue Ein­drü­cke, Inspi­ra­tio­nen und Aner­ken­nung für das Kön­nen die­ser Künst­le­rin­nen und Künst­ler berei­chert und waren von der Fül­le an Ideen, die hier prä­sen­tiert wer­den, begeis­tert. Als Kulis­se dient das Huge­not­ten­haus selbst, das mit sei­nen höl­zer­nen Ein­bau­ten und der ein­zig­ar­ti­gen Atmo­sphä­re, Frei­raum für alle mög­li­chen Dar­stel­lun­gen bie­tet. Hier trifft moder­nes künst­le­ri­sches Schaf­fen auf Historie.

Alle Kunst­wer­ke sind übri­gens auch zu erwer­ben: Inter­es­sier­te kön­nen sich an die Orga­ni­sa­ti­on wenden.

Doch was macht die­se Aus­stel­lung so beson­ders? Es ist nicht nur die enor­me Aus­wahl an Kunst­wer­ken oder die Viel­falt an Tech­ni­ken und Sti­len, die hier zu sehen ist. Ob es um ästhe­ti­sche Ansich­ten oder gesell­schaft­lich rele­van­te Fra­gen geht – sie alle fin­den im Bern­stein­zim­mer Platz. Egal ob man als Betrachter*In das Bern­stein­zim­mer kennt – jede Per­son kann hier neue Sicht­wei­sen ken­nen­ler­nen und eige­ne Per­spek­ti­ven schär­fen. Die Kunst­aus­stel­lung ist also nicht ein­fach nur eine wei­te­re Kunst­aus­stel­lung – es ist ein Zei­chen für Offen­heit und Plu­ra­lis­mus, wel­ches dazu ein­lädt, alte Denk­mus­ter auf­zu­bre­chen und neu­en Ideen Platz zu verschaffen.

Aber vor allem ist es die Aus­sa­ge, die hin­ter den Wer­ken steckt: In der groß­ar­ti­gen Aus­stel­lung haben sich die Künstler*Innen mit dem „Bern­stein­zim­mer“ aus­ein­an­der­ge­setzt und den Mythos auf ver­schie­dens­te Wei­se inter­pre­tiert aber die Geschich­te des Bern­stein­zim­mers ist auch ein Plä­doy­er für den Erhalt his­to­ri­scher Kunst­wer­ke und kul­tu­rel­ler Schät­ze, wie das Huge­not­ten­haus selbst. Dabei sol­len Denk­an­stö­ße gege­ben werden.

Der Umbau des Huge­not­ten­hau­ses, eines der letz­ten Zeug­nis­se huge­not­ti­scher Bau­kul­tur in der Stadt und Bei­spiel für bür­ger­li­ches Woh­nen zu die­ser Zeit, ist nun beschlos­sen. Schon kom­men­des Jahr soll mit dem Teil­ab­riss und Neu­bau begon­nen wer­den. Obwohl die Sanie­rungs­maß­nah­men not­wen­dig sind, gibt es zur­zeit wegen der Umbau­plä­ne Dis­kus­sio­nen und die gesam­te Kas­se­ler Kunst­sze­ne ist besorgt, dass das beson­de­re Flair des Kunst­hau­ses als „Haus mit Erfah­rungs­räu­men für zeit­ge­nös­si­sche Kunst” ver­lo­ren gehen kann. Eine Wei­ter­füh­rung des Huge­not­ten­hau­ses als Künst­ler- und Ver­an­stal­tungs­haus ist wahr­schein­lich aber der Geist des Hau­ses könn­te gründ­lich ver­än­dert wer­den. Ins­be­son­ders ist man aber über den mög­li­chen Ver­lust der Kunst­zo­ne besorgt, die schon im kom­men­den Jahr ver­schwin­den soll, weil dort eine Tief­ga­ra­ge für das nah­lie­gen­de Hotel gebaut wer­den soll. Die­se Beden­ken soll­ten ernst genom­men werden. 

Letzt­end­lich ist also genau dies der Sinn der aktu­el­len Aus­stel­lung: es war für vie­le ein Traum, das berühm­te Bern­stein­zim­mer zu fin­den und zu restau­rie­ren, damit es der Welt wie­der zugäng­lich gemacht wer­den konn­te. Das Bern­stein­zim­mer ist ein Sym­bol für ver­lo­re­nen und wie­der gefun­de­ne Kul­tur­schät­ze wie das Huge­not­ten­haus selbst; die Besorg­nis, dass wir nicht genug tun, um unse­re kul­tu­rel­le Ver­gan­gen­heit zu bewah­ren; die Wert­schät­zung für die Schön­heit ver­gan­ge­ner Epo­chen und die Erkennt­nis eini­ger Ver­säum­nis­se im Umgang mit Kul­tur­gü­tern. Nun scheint es, als ob unser Kas­se­ler Bern­stein­zim­mer, ein beson­de­rer his­to­ri­scher Ort für die Kunst, ver­lo­ren gehen kann. Die Suche nach dem Bern­stein­zim­mer lehrt uns, dass wir oft zu spät erken­nen, wie wich­tig es ist, die Schön­heit um uns her­um zu schüt­zen und zu pfle­gen und auch ein Stück Geschich­te und Schön­heit wie das Huge­not­ten­haus für die Zukunft zu bewahren.

Trotz der Tat­sa­che, dass das rekon­stru­ier­te Bern­stein­zim­mer nach jah­re­lan­gen Arbei­ten unter Betei­li­gung des rus­si­schen Prä­si­den­ten Wla­di­mir Putin und des dama­li­gen Bun­des­kanz­lers Ger­hard Schrö­der in St. Peters­burg offi­zi­ell wie­der eröff­net wur­de und den Besu­chern zur Ver­fü­gung steht, bleibt das ver­lo­re­ne Bern­stein­zim­mer ein Mythos. Obwohl die Inver­s­to­ren von einer “Wie­der­ge­burt” des Bern­stein­zim­mers spra­chen und die Rekon­struk­ti­on Mil­lio­nen Euro gekos­tet hat, glänzt der Nach­bau nicht mit der Magie des his­to­ri­schen Ori­gi­nals. Wir hof­fen, dass dem Huge­not­ten­haus nicht ähn­li­ches wider­fah­ren wird.

Viel­leicht kön­nen die Plä­ne noch ein­mal über­dacht und ein Kom­pro­miss gefun­den wer­den, mit Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein in Bezug auf den Schutz von Kul­tur­gut und der Umwelt, um das Huge­not­ten­haus und die Kunst­zo­ne in sei­ner ursprüng­li­chen Form und denk­mal­ge­recht, aber ins­be­son­de­re mit sei­nem außer­or­dent­li­chen Flair, nach den Umbau­maß­nah­men wie­der­her­zu­stel­len und zum Woh­le der Gemein­schaft bei­zu­tra­gen, indem man unter­stützt, die kul­tu­rel­le und sozia­le Beson­der­heit des Huge­not­ten­hau­ses zu bewahren.

Wir hof­fen, wir konn­ten euch einen klei­nen Vor­ge­schmack auf das geben, was sich euch in der „Bernsteinzimmer“-Ausstellung eröff­net. Die­se ein­zig­ar­ti­ge Chan­ce soll­tet ihr euch, auch wegen der noch unge­wis­sen Zukunft des Hau­ses, nicht ent­ge­hen las­sen. Wer also der­zeit in Kas­sel weilt, soll­te unbe­dingt einen Abste­cher ins Huge­not­ten­haus machen – die Aus­stel­lung „Bern­stein­zim­mer“ ist auf jeden Fall eine Rei­se wert. Ob man nun als Kunst­in­ter­es­sier­ter oder aus rei­nem Inter­es­se vor­bei­schaut – die­se Aus­stel­lung wird garan­tiert für vie­le unver­gess­li­che Momen­te sor­gen. Am bes­ten besucht ihr die­se Aus­stel­lung ohne Zeit­druck, nehmt euch Zeit für jeden Raum und erklärt euren Freun­den eure Inter­pre­ta­ti­on der ein­zel­nen Wer­ke – es gibt genug Raum für Diskussionen!

Eine Kunst­aus­stel­lung ist immer eine Rei­se – aber die­se Aus­stel­lung ist wie ein Flug in ande­re Dimen­sio­nen. Das künst­le­ri­sche Leuch­ten der „Bernsteinzimmer“-Ausstellung und des Huge­not­ten­hau­ses wird noch lan­ge nach­hal­len. Viel­leicht wird es sogar eine neue Kunst-Ära in Kas­sel begründen.

ZONE B = Ber­lin
8 Künstler*innen

Fadi Alja­bour
EVA & ADELE
Ingrid Flohry
Mar­co Glas­ha­gen
Clau­dia Schma­cke
Klaus-Uwe Seel­mann
Syl­via Seelmann

 

Zone D = Düs­sel­dorf
23 Künstler*innen

Pia Abels
Tho­mas Bern­stein
Sen­ta Con­nert
Maria Anna Dewes
Bert Didil­lon
Wal­ter Eul
Tina Haa­se
Ulri­ke Kessl
Ubbo Küg­ler
Anke Land­schrei­ber
Simo­ne Let­to
Vera-Maria Loer­mann
Anke Loh­rer
Chris­ti­an Andre­as Mül­ler
Susan­ne Rad­scheit
Myri­am Resch
Johan­nes Sand­ber­ger
Myri­am Thyes
Clau­dia van Kool­wi­jk
Julia van Kool­wi­jk
Marc von Crie­gern
Nele Wal­dert
Hei­ke Weber

Zone K = Kas­sel
20 Künstler*innen

Pia Abels
Tho­mas Bern­stein
Sen­ta Con­nert
Maria Anna Dewes
Bert Didil­lon
Wal­ter Eul
Tina Haa­se
Ulri­ke Kessl
Ubbo Küg­ler
Anke Land­schrei­ber
Simo­ne Let­to
Vera-Maria Loer­mann
Anke Loh­rer
Chris­ti­an Andre­as Mül­ler
Susan­ne Rad­scheit
Myri­am Resch
Johan­nes Sand­ber­ger
Myri­am Thyes
Clau­dia van Kool­wi­jk
Julia van Kool­wi­jk
Marc von Crie­gern
Nele Wal­dert
Hei­ke Weber

Zone W = Wien
3 Künstler:innen
 

Jean-Fran­çois Gui­ton
Car­men Mar­tel
Mat­thi­as Martel

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Bern­stein­zim­mer: 7. Juli bis 17. Sep­tem­ber 2023

Die Aus­stel­lung wird vom 7. Juli 2023 bis 17. Sep­tem­ber 2023 jeweils Frei­tag bis Sonn­tag von 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr geöff­net sein.
Sonn­tags sind Beglei­tun­gen durch die Aus­stel­lung um 16.00 Uhr geplant.

Huge­not­ten­haus
Fried­richs­str. 25 | 34117 Kas­sel
Fon: 0561 88 20 98 5 | E‑Mail: freyer.kunst@web.de
www.hugenottenhaus.com

Öff­nungs­zei­ten:
Don­ners­tag bis Sonn­tag von 14:00 bis 19:00 Uhr